Ping-Pong in Sing-Sing oder Pöllen in Pont
Was haben Dirk Nowitzki, Jens Lehmann und Teile der IV. und V. Herren gemeinsam? Sie alle erlebten im Herbst ihrer Laufbahn ihren eigentlichen Karrierehöhepunkt. Sei es die NBA-Finals zu gewinnen, im Tor bei einer WM zu stehen - oder endlich einmal in Pont spielen zu dürfen.
Aber der Reihe nach. Die Ankunft ist vollkommen unspektaktulär: Ein Parkplatz in bitterer Kälte an einem traurigen Ort. Offensichtlich sind die größten Arbeitgeber ein Schlachthof, eine Mülldeponie und eben eine JVA.
Freundliche Worte am Empfang, allem Anschein nach werden häufiger Herrengruppen hereingelassen: Der Gag mit der drohenden rektalen Untersuchung ist gut einstudiert und zieht natürlich auch diesmal. Die junge Dame am Empfang lässt das sowieso völlig kalt.
Wer gewohnt ist, in fremden Hallen selbstständig die Umkleidekabinen zu suchen und seine Sachen lässig auf die Bank zu pfeffern, wird hier schnell eines besseren belehrt. Umkleide dahinten, zurückkommen, Wertsachen wegschließen. Das Ganze immer mit hübsch-engen Schleusen. Dazu das aus diversen Knastfilmen bekannte grüne und rote Licht an den Türen.
Weit ist der Weg in die Halle. Alles weiß mit nummerierten Türen. Wer es nicht besser wüsste, könnte uns auch für eine Therapiegruppe auf dem Weg zu ihrem Veranstaltungsraum halten. Immer wieder Zwischenstopps an Gittern. Schön ist, dass am Wegesrand stehenden Mitmenschen einfach mal eine Tür geöffnet wird und sie in ihren Trakt abbiegen können.
„Wir freuen uns auf spannende und faire Spiele“. Na und wir erst! Aber auch wir danken für die freundliche Aufnahme in Pont – das war sie wirklich. Nicht mal Goldzähne in irgendeinem Gebiss. Es knurrt auch keiner. Letztlich stellt sich aber auch erst bei der Begrüßung heraus, wer eigentlich zur Mannschaft gehört. Keine Uniform, kein Sheriffstern in Sicht, und auch ein munteres Kommen und Gehen im Schiedsrichterkabuff.
„Der Einser ist nicht schlecht“, so wurde im Vorfeld gemunkelt. Geht ja nun mal auch nur in Mund-zu-Mund Propaganda, wenn die Statistik nicht im heiligen Click-TT auftaucht. Die Erfahrung mussten dann die Sportkameraden Greif und Beyer auch machen, auch wenn sie am Ende dann doch gewannen.
Sportliche Höhepunkte waren ohnehin eher die Ausnahme, das Spiel endete dann irgendwann 9:1 - für uns. Das verlorene Spiel geht selbstredend in der Statistik unter.
Und das Besondere jetzt an dem Ganzen? Wer jemals einen Original-Wutausbruch von Werner F. oder den geballten Weltschmerz eines Marcel D. miterlebt hat, konnte nur überrascht sein, wie ruhig und beherrscht alle zu Werke gingen. Kein einziges Mal ein lautes Wort, keine Beschimpfung des Gegners. Auch der Lautstärkepegel, im normalen Alltag ja immer ein Gegenstand intensiver Diskussion war kein Thema. Die Angst, mit zu lauten Bemerkungen aufzufallen war auf beiden Seiten spürbar: Bei den einen davor, nicht mehr am Spiel, bei den anderen davor, nicht mehr am Leben teilnehmen zu dürfen.
Fair geht vor und so wird komplett durchgespielt. Man kann sich ja in etwa vorstellen, wie das ist: Ich kann nicht zum Training, also geh ich mal eben ersatzweise zu einem anderen Verein. Geht halt hier nicht...
Ende: „Jawohl, wir danken für die fairen Spiele“ - und dass wir ohne neues Tattoo oder anderes Mitbringsel wieder rauskommen.
Gleicher Weg zurück, Schleusentor auf, alle rein, Schleuse zu, grünes Licht, weiter.
„Hier könnt Ihr duschen“, „Ach lass mal.“
Raus geht es dann doch leichter als rein – auch wenn es niemand ausspricht: Gott sei Dank! So wirklich braucht es keiner, sich nicht frei bewegen zu können. Und sei es, dass man nicht mal mehr rauchen kann, wann und wieviel man will.
Wer seinen Erfahrungsschatz erweitern möchte, ist herzlich eingeladen, dieses dann bei einem Freundschaftsspiel zu tun: Der TTV stopft irgendwann das Sommerloch in der Saisonvorbereitung der JVA Pont ...